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Doppelte Kompetenz für Bau und Industrie

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1/2013

Recht

Tipps vom Fachanwalt

Warum die Bauabnahme

so wichtig ist

Was passiert, wenn eine angefangene Bauleistung von Dritten beschädigt wird? Bekommt der

Bauunternehmer trotzdem sein Geld vom Auftraggeber? Muss er auf eigene Kosten den Scha-

den beheben? Und kann er Rückgriff beim Schädiger nehmen?

Oft werden (halb-)fertige Bauleistungen von

anderen Handwerkern, von deren Personal

oder von Dritten beschädigt oder sogar zer-

stört. Ist der Schädiger bekannt, kann der

Werkunternehmer, dessen Arbeitsergebnis

beschädigt wurde, vom Schädiger Scha-

densersatz oder die Wiederherstellung des

Gewerks verlangen. Gehört die beschädigte

Sache noch dem Handwerker, hat er wegen

der Beschädigung seines Eigentums direkte

Ansprüche gegen den Schädiger. Oft hat

jedoch der Bauherr bereits vor der Zahlung

Eigentuman der Bauleistung erworben, etwa

an der vom Rohbauer errichteten Betonmau-

er, die wegen der festen Verbindung mit dem

Grundstück auch schon vor der Zahlung

dem Grundstückseigentümer gehört. Auch

dann stehen dem Handwerker (trotz seines

nicht mehr bestehenden Eigentums an der

beschädigten Sache) Ansprüche gegen den

Schädiger zu, die er im Wege der sogenann-

ten Drittschadensliquidation geltendmachen

kann – falls der Schädiger bekannt ist.

Der Auftraggeber / Bauherr muss für die von

anderen Handwerkern oder von Dritten an-

gerichteten Schäden grundsätzlich nicht ein-

stehen, außer ihm kann eigenes Verschulden

für die Entstehung des Schadens angelastet

werden. Das wäre zumBeispiel der Fall, wenn

der Bauherr einenanderenHandwerker nach-

weislich anweist, Material über eine frisch be-

schichtete Fläche zu transportieren. Derartige

Fälle des beweisbaren Auftraggeberverschul-

dens sind aber in der Praxis eher selten.

Lässt sich der Schädiger nicht identifizieren,

trägt der Handwerker bis zur Abnahme die

Leistungs- und Vergütungsgefahr. Er muss

den Schaden auf eigene Kosten beseitigen

oder gar die Leistung neu erbringen, ohne

hierfür vom Bauherren / Auftraggeber eine

zusätzliche Vergütung verlangen zu können.

Der Glaser muss dann die vor der Abnahme

von unbekannten Dritten zerschlagene Fens­

terscheibe auf eigene Kosten ersetzen, der

Fußbodenleger die Trittspuren im frischen

Estrich auf eigene Kosten erneuern.

Erst mit der Abnahme geht die Leistungs-

und Vergütungsgefahr auf den Auftragge-

ber / Bauherren über. Schäden aus der Zeit

nach der Abnahme hat der Handwerker des

beschädigten Gewerks demgegenüber nicht

zu vertreten. Er kann seine Vergütung verlan-

gen, ohne den Schaden vorher beseitigen zu

müssen. Dies ist einguter Grund, die Baustelle

nicht im Vertrauen auf eine stillschweigende

beziehungsweise fiktive Abnahme zu verlas-

sen. Je früher die ausdrückliche Abnahme

erfolgt, umso schneller geht das wirtschaft-

liche Risiko der Beschädigung der Leistungen

des Bauunternehmers auf den Auftraggeber

über. Wer als Bauunternehmer keine aus-

drückliche Abnahme veranlasst, hat nicht nur

Probleme mit der Fälligkeit seiner Vergütung,

sondern er schafft ein schwerwiegendes Risi-

ko,seineLeistungaufeigeneKostennochmals

erbringen zu müssen, wenn sie beschädigt

wird. Die Möglichkeit der Versicherung des

Risikos von Beschädigungen in der Bauphase

wird in einem späteren Beitrag dargestellt.

Autor: Dr. Horst Roller, Fachanwalt für Bau-

und Architektenrecht, Metzingen.

Bauunternehmer sollten frühzeitig eine ausdrückliche Abnahme veranlassen.

Foto: KfW-Bildarchiv / Fotograf: Thomas Klewar